Silber, Gold, Silber und eine große Überraschung


Vielleicht auch, weil sie sich in Manchester selbst überraschte – speziell in ihrem Abschlussrennen über 50 Meter Schmetterling, als sie völlig unerwartet Silber fischte. „Ich weiß nicht, wie ich das gemacht habe", sagte Schott. Nur die bei diesen Titelkämpfen so starke Chinesin Yuyan Jiang war schneller. Das dürfte Verena Schott einigermaßen egal gewesen sein, glänzte sie doch mit einer persönlichen Bilanz von einer Gold- und zwei Silbermedaillen. 14 Jahre Wettkampf-Erfahrung hat Verena Schott inzwischen gesammelt, in Großbritannien nahm sie bereits an ihrer sechsten Weltmeisterschaft teil. Die dort präsentierte Form gilt es zu konservieren und vielleicht sogar noch ein wenig auszubauen, um bei den Spielen ähnlich erfolgreich zu sein. Ihr Weg bei der WM jedenfalls war beeindruckend. Nachdem sie zum Auftakt über 100 m Rücken als Vierte den Sprung aufs Podium nur um winzige 1,89 Zehntel verpasste, folgte der erste Paukenschlag über die 200 m Lagen. In 3:01,37 Minuten wurde sie Zweite. Das war sozusagen der Startschuss für weitere Großtaten. Als dritter Wettkampf ging es für sie über die 400m Freistil. Beim überlegenen Sieg der Chinesin Yuyan Jing schlug sie in 5:30,76 Minuten als Vierte an.

Darauf folgte Verena Schotts Paradestrecke, die 100 m Brust. Im Vorlauf schwamm sie kontrolliert auf Rang zwei – und hatte sich das beste offenbar fürs Finale aufgehoben. Schon auf den ersten Metern war sie deutlich schneller unterwegs als die Konkurrenz. Und auch auf dem Rest der Strecke konnte niemand mehr kontern. Nach 1:43,64 min schlug Verena Schott als Erste an, war damit fast fünf Sekunden schneller als im Vorlauf und distanzierte auch die Zweitplatzierte Grace Harvey (Großbritannien, 1:45,39 min) deutlich. „Bis zur Wende habe ich niemanden gesehen, ich habe nur gedacht: ‚Weiter, weiter, weiter'. Und ich wusste, dass die zweiten 50 Meter immer meine sind", fasste Verena Schott das Wahnsinnsrennen aus ihrer Sicht zusammen und war völlig entgeistert: „Ich kann es gar nicht fassen und mit Worten beschreiben."
Vielleicht war es dieser beindruckende Auftritt, der ihr die nötige Lockerheit für die große Überraschung über 50 m Schmetterling am nächsten Tag gab. Und die große Zuversicht für die Paralympics in Paris.

Johannes David und Frank Thomas