Zu den kleineren Bauerngütern gehört das von Görnes, seit 1910 im Familienbesitz, wo seit 1970 mit Ostfriesischen Milchschafen eine Herdbuchzucht aufgebaut wurde. Nach der Wende machte sich Dieter Görne sofort selbständig, vergrößerte den Schafbestand und begann, aus Schafsmilch Käse herzustellen. 1998 übernahm Sohn Wolfgang die Bauernwirtschaft. Trotzdem packt er immer wieder mal mit zu, der Landwirt i. R. DIETER GÖRNE, Jg. 35: 

Aus fünf Litern Schafmilch gewinnen wir ein Kilo Käse

Die neue Selbständigkeit war ein großer Schritt für uns und wie ein Sprung ins kalte Wasser. Was man da auf einmal an Vorschriften und Gesetzen zu beachten hatte einfach Wahnsinn. Und das wird von Jahr zu Jahr schlimmer. Die Bürokratie müssen wir wohl ertragen, denn die Beamten wollen ja auch leben. Trotzdem haben wir den Wechsel bis heute nicht bereut, und der Spaß an der Arbeit mit den Tieren ist geblieben. Da wir alles selbst vermarkten, können wir unsere Produkte gut absetzen. Und es macht uns richtig stolz, wenn unser Schafkäse unter den 250 Top Adressen in Deutschland genannt wird. Die Zeitung, die das macht, heißt wohl nicht umsonst : Der Feinschmecker.

  

Einen regen Besuch hat das jährliche Hoffest um die Osterzeit. Da platzt hier auf unserem Gut alles aus den Nähten. Die Kinder hätscheln die über hundert Lämmer oder drehen auf dem Trecker von Thomas Lorenz eine Dorfrunde. Die Erwachsenen begutachten inzwischen die Ergebnisse unserer Arbeit. Käse und Salami können an der Theke gekostet werden. Auch Produkte aus Wolle sind gefragt, obwohl sich der Aufwand dafür kaum noch lohnt. Der Erlös reicht gerade zum Bezahlen der Scherarbeiter. Einige auswärtige Händler bieten ebenfalls ihre Produkte an und geben dem Fest das Flair eines großen Bauernmarktes. Am Abend freue ich mich mit meiner Annelies jedes mal über den gelungenen Tag.

Im Winter liegt unsere ruhigste Zeit. Die Tiere stehen in den Ställen und bringen im Januar und Februar ihre Lämmer zur Welt. Sie erweitern die Herde oder werden geschlachtet. Lammfleisch ist wieder gefragt.

Die Böcke haben's bei uns gut, denn sie stehen meist einzeln in den Boxen. Vor einigen ist Vorsicht geboten. Obwohl sie uns eigentlich kennen, erhält man hin und wieder einen derben Stoß. Dann geht eben das Temperament mit ihnen durch. Aber das läßt auf guten Nachwuchs hoffen. Bis zu zehn Jahre müssen sie ihre Pflichten erfüllen. Lässt dann die Leistung nach, dann verschwinden sie in der Salamiwurst. Gute Tiere gehen auch in den Export nach Polen und Bulgarien und bringen so ein kleines Zubrot.

Mit den Ostfriesischen Milchschafen haben wir einen guten Fang gemacht. Die Rasse gibt es seit über 250 Jahren, hauptsächlich an der Nordsee. Dort trotzen sie Wind und Wetter. Die Tiere besitzen drei Merkmale: frühreif, frohwüchsig, fruchtbar.

Über unsere Schafe wissen wir genauestens Bescheid. Auf einer großen Tafel halten wir alle Daten fest. Im Zeitalter des Computers ist das eigentlich überholt, aber wir sind da eben ein bisschen „altmodisch". Die Nummern sind wie Ausweise. Eigentlich bräuchten unsere Schafe vier Ohren, denn neben den drei Marken haben sie noch eine Tätowierung im Ohr. Der Zuchtverband vergibt die Nummern und wacht akribisch über unsere Arbeit, ganz nach deutscher Gründlichkeit.

Wir melken unsere Schafe zwischen März und Oktober. Aus fünf Litern Milch wird bis zu einem Kilo Käse oder Quark hergestellt. Dieser wird dann mit allerlei Kräutern und Gewürzen verfeinert, in Öl eingelegt oder naturell verkauft. Außer im Hofverkauf beliefern wir einige Läden in der Umgebung, die auch als Direktvermarkter arbeiten. So hilft einer dem anderen.
 

Entnommen dem Teil über Pausitz aus "Die Dörfer im Muldentalkreis, Band 2"