Die Pausitzer Kirchenglocken

    

Die Übersetzung des damals üblicherweise lateinischen Textes lautet: "O König der Ehre, komme mit Frieden!" Das "berat" im deutschen Textteil entstammt noch der mittelhochdeutschen Sprache und bedeutet "versorgen". Man kann die aus Platzgründen immer gedrängte Formulierung etwa ausschreiben mit: "Hilf Gott durch Mariens Fürsprache!"

Der ungekürzte - und daher gegenüber anderen Inschriften sorgfältigere - lateinische Text und die gleichzeitige Verwendung der deutsche Sprache lassen vermuten, dass diese Glocke jünger ist als die große. Sollte es eine "Nachbestellung" des gleichen Bischofs sein, so könnte sie aus den 90er Jahren des 15. Jahrhunderts stammen, also jetzt 500 Jahre alt sein.

Die ursprünglich dritte und größere Inschrift: "o rex glrie veni cv pace maria ano D + M + CCCC + LXXXVIII". ausgeschrieben  heißt  der lateinische Text: "o rex gloriae veni cvm pace maria anno D(omini) ..." = "O König der Ehre, komme mit Frieden durch Maria, im Jahre des Herrn ...".

Die Abschrift der nun folgenden Jahreszahl hat mich trotz der Zugluft auf dem Kirchturm ziemlich ins Schwitzen gebracht, da die Zeichen eher Kaulquappen als den bekannten römischen Zahlbuchstaben ähneln. Sie hätten drucktechnisch nur als Zeichnung wiedergegeben werden können. Hier hat mir unser versierter Rundblick-Mitarbeiter Ralf Thomas geholfen und im "Gurlitt" nachgeschlagen. Demnach müssten es die oben angegebenen Zeichen sein - aber eben im spätgotischen Ductus -, die die Jahreszahl 1488 ergeben. Das Jahr passt dann auch in den Zeitraum der Erbauung der Kirche. Also ist die Glocke jetzt 500 Jahre alt.

Beinahe währe sie ein Opfer des letzten Krieges geworden. Am 24. Februar 1942 wurde sie vom Turm geholt und zum Einschmelzen abtransportiert. Nach Kriegsende fand man auf einem Schrottlager in Hamburg eine große Anzahl Kirchenglocken vor. Die Herkunftsgemeinden wurden ausfindig gemacht  und benachrichtigt. Fünf Jahre vergingen. 1950 traf die Glocke wieder in Pausitz ein und wurde am 7. August hochgezogen. Nur der Klöppel fehlte und wurde aus Stahl neu gedreht.

Schließen wir als Wunsch für Glocken und Gemeinde mit den letzten Zeilen aus Schillers "Lied von der Glocke": "Freude dieser Stadt bedeute. Friede sei ihr erst Geläute!"

Richard Kinkhardt
Rundblick 2-1990

Nach einer am 27. Januar 1481 in Zwickau ausgestellten Urkunde wurde Pausitz von den Brüdern Niclas und Jorg Schach(t) an Bischof Johann V. von Meißen verkauft, der damit sein "Wurzener Land" nach Süden abrundete. Das Hochstift Meißen erwarb mit der Grundherrschaft das Kirchenpatronat und die Kollatur (Pfarrwahl). Die Kirchenhoheit gehörte aber dem Merseburger Bischof. Da dem Stiftsterritrium Meißens damit ein Ort aus wettinischem, genauer ernestinischem Gebiet angegliedert wurde, mussten dessen Regenten die Zustimmung zu einer solchen Veränderung geben.  Sie wurde erste in einer am 2. Februar 1489 in Torgau ausgefertigten Urkunde erteilt, die von dem nunmehr regierenden Kurfürsten Friedrich III. (der Weise) und seinem Bruder Herzog Johann unterzeichnet ist.

Im Bistum regierte inzwischen (von 1487) bis (1518) Bischof Johann VI. von Salthausen, ein tatkräftiger Landesherr. Während seiner Regierungszeit wurden das Wurzener Schloss und 25 Kirchen gebaut oder  erweitert. Dazu gehört auch die Kirche in Pausitz, die zwischen  dem Erwerb und seiner Bestätigung von Grund auf neu errichtet worden ist. 

Von der alten Kirche wurde offensichtlich eine kleine Glocke wieder verwendet. Sie stammte aus dem 14. Jh. und war mit einer Plakette versehen, die einen Bischof darstellte, Im 1. Weltkrieg musste sie für Rüstungszwecke abgeliefert werden.

Von den beiden verbliebenen trägt die kleinere die Inschrift "+ o + rex + glorie + veni +cvm + pace + hill + got + maria + berat +". (Der Genitiv von gloria müsste eigentlich gloriae geschrieben werden).


Die Pausitzer Kirche heute
 

Die 1330 erbaute einschiffige Kirche steht unter Denkmalschutz. Etwa 1488 hat Bischof Johann VI. von Salthausen sie von Grund auf neu errichten lassen.1996 wurde sie umfassend rekonstruiert und renoviert.

 

Leider ist dabei der Glockenstuhl etwas zu kurz gekommen, so dass im Moment die Pläne, die Kirchenglocken auf elektrischen Antrieb umzustellen, nicht weiter verfolgt werden.

Die große Glocke der Kirche

Die kleine Glocke der Kirche

(Fotos von Winfried Bauer)